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HKI_„Manchmal vermisse ich die Sonne“

Am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut arbeiten Wissenschaftler aus der ganzen Welt zusammen – zum Team gehört jetzt auch Dr. Emma Barnes. Die Australierin konnte sich gegen 326 andere Bewerber durchsetzen und hat eines der begehrten Leibniz-DAAD-Stipendien ergattert.

Das Labor des Hans-Knöll-Instituts (HKI) ist in gleißendes Neonlicht getaucht. Geräte summen, das Radio dudelt. Zwischen den Apparaten hantiert Emma Barnes mit Röhrchen und Pipetten. Seit Oktober 2013 ist die Australierin nun Leibniz-DAAD-Stipendiatin in der Abteilung Biomolekulare Chemie. Damit ist sie eine von nur 15 promovierten Nachwuchswissenschaftlern und –wissenschaftlerinnen aus dem Ausland, die ein Jahr lang an einem der 86 Leibniz-Institute deutschlandweit forschen dürfen – gefördert vom Deutschen Akademischen Austauschdienst. „Das HKI ist ein fantastisches Institut.“, schwärmt Emma Barnes, „Viele medizinisch interessante Wirkstoffe wurden hier schon entdeckt und erforscht.“ Der Hauptgrund, warum sie nach Jena gekommen ist. „Manche fragen mich, warum ich nicht in eine größere Stadt wie München oder Berlin gegangen bin. Aber ich denke, es geht darum, ein Team zu finden, mit dem man perfekt arbeiten kann und fachlich viel dazulernt.“

Schon während ihres Chemie-Studiums in Brisbane spezialisiert sich Emma auf die Forschung an Naturstoffen. Ein Ziel, das nicht immer so eindeutig war: „Als Teenager habe ich mich sehr für Literatur und Kunst interessiert. Aber in meinem letzten Highschool-Jahr hatte ich tolle Lehrer in Physik und Chemie. Und da war klar: Naturwissenschaft, das ist es!“ Scheinbar eine gute Entscheidung, denn heute, mit gerade einmal 27 Jahren, hat sie bereits einen Doktortitel in Chemie. Die Kreativität hat sie dennoch nicht losgelassen: „Es ist ein allgemeines Missverständnis, dass es bei Naturwissenschaften nur um Logik geht. Man braucht in der Forschung viele kreative Menschen, um etwas zu erreichen. Ganz ohne Logik geht es natürlich nicht.“, schmunzelt Emma. „Oft muss man über den Tellerrand hinaus schauen, um kreative Lösungen zu finden.“ Lösungen, die auch dann entstehen, wenn sich Forscher aus unterschiedlichsten Kulturen zusammenfinden – wie am HKI.

Beim gemeinsamen Arbeiten im Labor spricht Emma mit ihren Kollegen Englisch. Ein großer Vorteil, denn ihre Deutschkenntnisse baut sie gerade erst aus. Zwischen Kolben und Pipetten zählen Fakten. In der Abteilung von Prof. Christian Hertweck untersucht sie Wirkstoffe, die von anaeroben Bakterien gebildet werden. Solche Mikroorganismen können nur in einer sauerstofffreien Umgebung leben. Deren Wirkstoffe sind bisher wenig erforscht, könnten allerdings in Zukunft als Medikamente genutzt werden. „Es hat mich beruhigt, zu wissen, dass die Laborarbeit hier genauso abläuft wie in Australien. Neben all den Veränderungen, die der Umzug mit sich brachte, war das eine schöne Konstante.“ Im alltäglichen Leben ist sie da deutlich mehr gefordert. „Als wir in Jena ankamen, war es schon eine Herausforderung einkaufen zu gehen. Wir haben Stunden gebraucht, um all die Etiketten zu verstehen.“

Emma ist nicht allein nach Jena gekommen. Ihr Ehemann, ein Softwareingenieur, konnte über das HKI an eine Softwarefirma in der Stadt vermittelt werden. Zu zweit ist es deutlich einfacher, sich in der Fremde einzuleben. „Ich vermisse eigentlich nichts, außer natürlich meiner Familie. Und die australischen Süßigkeiten! Aber heutzutage ist das ja gar kein Problem so etwas im Internet zu bestellen.“ In Europa forschen, das war Emmas großer Wunsch: gute Jobs und Stipendien, hoher wissenschaftlicher Standard. In Frankreich, Deutschland und der Schweiz hat sie sich beworben. Aus gutem Grund: „Australien ist wunderschön, hat aber keine lange Geschichte. Die europäische Geschichte – vor allem die deutsche – ist einfach viel interessanter. Ich habe hier das erste Mal ein Schloss gesehen! Das kannte ich bisher nur aus Märchenbüchern.“ Neben all den positiven Seiten ihres Forschungsaufenthalts, eine Entbehrung fällt Emma dann doch noch ein: „Manchmal vermisse ich die Sonne.“ Mit einem Lächeln schaut sie aus dem Fenster durch den dichten Oktober-Nebel ins Saaletal.