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HKI_Saale statt Jangtsekiang

In China gilt: Alle Wege führen nach Wuhan. Die zentralchinesische Stadt ist wichtiger Industriestandort und Knotenpunkt der nationalen Autobahnen. Aus dieser Millionenstadt treibt es nun zwei Wissenschaftlerinnen nach Thüringen. Über ein Stipendium der chinesischen Regierung haben Xinli Pan und Huiyun Peng eine Doktorandenstelle am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI) erhalten. Vom Reich der Mitte in Deutschlands Mitte.

Bild zu PM HKI 20.03.2014Eine der vielen Labortüren des Jenaer Hans-Knöll-Instituts wird aufgestoßen und Stimmen unterbrechen die Ruhe, die im Gang herrscht. Im Labor bedienen Wissenschaftler Geräte, kontrollieren Proben und sprechen ihre Ergebnisse miteinander ab. Viele kommen von weit her, um hier am Institut zu forschen. Die Chinesinnen Xinli Pan und Huiyun Peng sind seit kurzem in Jena. An das Leben in Deutschland haben sie sich zwar noch nicht gewöhnt, die Arbeit im Labor ist ihnen aber schon jetzt vertraut. „Es gibt keinen Unterschied zwischen der Forschung in Deutschland und der in China. Alle meine chinesischen Professoren hatten Forschungsaufenthalte in Europa. Die Erfahrungen und das Wissen bringen sie dann mit nach China. Damit vermischen sich die Unterschiede so sehr, dass man eigentlich von globaler Forschung sprechen kann.“, sagt die 24-jährige Biologin Huiyun.

Englisch ist die Sprache, in der am HKI geforscht, geschrieben und miteinander gesprochen wird. Ein Vorteil für Xinli und Huiyun, die vor ihrer Abreise einen einmonatigen Deutschkurs absolviert haben. „Viel mehr als ‚Einen Kaffee zum Mitnehmen, bitte‘ kann ich noch nicht auf Deutsch sagen.“, bedauert Xinli. „Aber die Leute hier in Jena sind sehr hilfsbereit“, wirft Huiyun ein, „In den ersten Tagen habe ich versucht, das International Office zu finden. Da stand ich mitten in der Stadt mit ausgebreitetem Stadtplan und ein Mädchen hat mich tatsächlich angesprochen und mir den Weg dorthin gezeigt.“

Sechs Jahre haben Xinli und Huiyun an der zentralchinesischen Wuhan-Universität studiert, die zu den besten des Landes zählt. Der Schritt, nach Deutschland zu gehen, um ihren Doktor zu machen, fiel beiden leicht. „Viele chinesische Studenten gehen ins Ausland, das gehört dazu. Für mich war es sowieso leicht, denn schon in meiner Schulzeit habe ich getrennt von meinen Eltern in einem Wohnheim gelebt. So waren die Regeln in meiner Schule“, berichtet die Chemikerin Xinli. Mit einem ganzen Berg von Dokumenten haben sich die Beiden bei der chinesischen Regierung für ein Stipendium beworben – mit Erfolg. Jetzt forscht Xinli in der Nachwuchsgruppe Sekundärmetabolismus räuberischer Bakterien und Huiyun in der Abteilung Biomolekulare Chemie am HKI. „Das Hans-Knöll-Institut ist ein sehr guter Ort zum Forschen. Ich hoffe, dass ich hier viele Ergebnisse veröffentlichen werde.“, so Xinli.

Kameradschaftlich, so beschreibt Huiyun das Arbeiten und Leben in Jena. Hier müsse man die Ellbogen gar nicht erst ausfahren. „In Wuhan leben so viele Menschen, da ist die Konkurrenz groß. In Jena sind die Leute entspannter und achten mehr aufeinander. Das liegt sicher daran, dass Jena eine relativ kleine, ruhige Stadt ist.“ Ländliche Gegend, weniger Industrie, weniger Fabriken – für Xinli könnte das Kontrastprogramm kaum größer sein: „Hier ist der Himmel so blau. In Wuhan war es immer etwas dunkler durch die vielen Fabriken.“ Statt zwei Stunden mit Bus und Schiff zur Uni, ist sie hier keine Viertelstunde zum Institut unterwegs. Ihre erste Neuanschaffung ist jetzt schon klar: ein Fahrrad.