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HKI_Verbrüderung im Kleinen

Treffen zwei Organismen in der Natur aufeinander, haben sie meistens nur eins im Sinn, nämlich sich selbst. Das muss aber nicht immer so sein: Der Pilz Rhizopus microsporus und das Bakterium Burkholderia rhizoxinica leben friedlich miteinander – und produzieren dabei einen Wirkstoff, der Reispflanzen krankmacht. Wie sich das Zusammenleben der beiden Organismen gestaltet, haben HKI-Wissenschaftler in einer Arbeit beschrieben, die nun in der Fachzeitschrift eLife veröffentlicht wurde.

HKI_PM 14.11.2014_Bild1Schon seit drei Jahrzehnten beschäftigen sich Forscher weltweit mit Rhizoxin, einem Gift, das nicht nur Reispflanzen schadet, sondern auch eine bedeutsame medizinische Wirkung gegen Krebszellen hat. Was die Substanz zudem interessant macht, ist ihre Herkunft: Sie entsteht im Zusammenleben zwischen einem Pilz und einem Bakterium in sogenannter Endosymbiose. „Wenn Lebewesen in der Natur aufeinander treffen, haben sie oft die Tendenz gegeneinander zu kämpfen“, so Zerrin Üzüm (im Bild links), Doktorandin am Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (HKI). „Wir haben uns gefragt: Warum bleiben die beiden zusammen?“

Die Forscher der Abteilung Biomolekulare Chemie fanden heraus: Beide Organismen profitieren von der Endosymbiose. Der Pilz benötigt das Bakterium, um sich fortzupflanzen, das Bakterium hingegen erhält durch das Zusammenleben optimale Lebensbedingungen. „Über die Jahrtausende haben sich die beiden aneinander gewöhnt“, sagt Zerrin Üzüm, die gemeinsam mit Nadine Moebius und Gerald Lackner vom HKI sowie Jan Dijksterhuis vom CBS-KNAW Fungal Biodiversity Centre in Utrecht am ungleichen Paar forschte. „Wir fanden auch heraus, dass Rhizopus microsporus und Burkholderia rhizoxinica nicht nur miteinander, sondern auch buchstäblich ineinander leben.“

Mithilfe von ausgeschiedenen Enzymen heftet sich das Bakterium an die Zellwand des Pilzes und weicht diese soweit auf, dass es eindringen kann – eine bisher unbekannte Verhaltensweise. Was hier nach roher Gewalt klingt, ist jedoch ein sehr schonendes Verfahren: Das Bakterium setzt nur kleine Menge Enzyme ein, die den Pilz nicht verletzen. Ein sogenanntes Kryo-Elektronenmikroskop hielt die Zusammenkunft der beiden Lebewesen erstmals bildlich fest.

Das junge Wissenschaftsmagazin eLife veröffentlichte nun die Forschungsergebnisse. eLife wurde unter anderem von der Max-Planck-Gesellschaft, dem US-amerikanischen Howard Hughes Medical Institute und dem britischen Wellcome Trust ins Leben gerufen und geht im Bereich der wissenschaftlichen Publikationen einen innovativen Weg: Die Artikel werden nach einem transparenten Begutachtungsprozess frei zugänglich im Internet veröffentlicht.

Originalveröffentlichung
Moebius N, Üzüm Z, Dijksterhuis J, Lackner G, Hertweck C (2014) Active invasion of bacteria into living fungal cells. Elife 3, e03007.

HKI_PM 14.11.2014_Bild2Die rasterelektronenmikroskopische Aufnahme zeigt den engen Kontakt zwischen Pilzhyphen von Rhizopus microsporus und darauf haftenden Bakterien der Art Burkholderia rhizoxinica
Quelle: HKI/CBS-KNAW
HKI_PM 14.11.2014_Bild3Die rasterelektronenmikroskopische Aufnahme zeigt den engen Kontakt zwischen Pilzhyphen von <i<Rhizopus microsporus</i> und darauf haftenden Bakterien der Art Burkholderia rhizoxinica
Quelle: HKI/CBS-KNAW